Die Zuckerillusion

Märchen einer einflussreichen Lobby

Zucker – ein Stoff, der aus unserer Ernährung kaum wegzudenken ist und vielen Lebensmitteln ihren typischen Geschmack verleiht, jedoch auch immer wieder im Zentrum gesundheitlicher Kontroversen steht. Was früher als Luxus galt, ist heute fester Bestandteil unserer Esskultur, oft verborgen in Produkten, in denen wir ihn kaum vermuten würden. Doch was steckt eigentlich hinter der glanzvollen Karriere des Zuckers, der heute so häufig auf unseren Tellern landet? Warum wurde Zucker über Jahrzehnte als harmlos oder sogar notwendig dargestellt, obwohl immer mehr Beweise auf seine Gesundheitsrisiken hinweisen? Ein Blick in die Geschichte der 1960er Jahre und in die Marketingstrategien der Zuckerindustrie zeigt, dass Zucker lange von seiner Verantwortung für gesundheitliche Risiken befreit wurde – oft durch gezielte Einflussnahme, verschleierte Forschungsergebnisse und cleveres Marketing.

Heute wird der hohe Zuckerkonsum zunehmend kritisch betrachtet. Doch wie kam es überhaupt zu seiner unbeschwerten Popularität, und welche Rolle spielten Wissenschaft, Politik und Werbung in dieser Erfolgsgeschichte? Dieser Artikel beleuchtet die Anfänge, Strategien und aktuellen Entwicklungen der Zuckerindustrie und zeigt, wie sich Zucker vom harmlosen Genussmittel zu einem der kontroversesten Lebensmittel unserer Zeit entwickelt hat.

Die 1960er Jahre: Zucker wird vom Sündenbock befreit

In den 1960er Jahren förderte die Sugar Research Foundation Studien, die den Zusammenhang zwischen Zucker und Herzkrankheiten untersuchten. Diese Studien wurden unter der Leitung von Wissenschaftlern wie Dr. John Hickson durchgeführt, der eng mit der Zuckerindustrie zusammenarbeitete, um Ergebnisse zu präsentieren, die den Zucker in einem positiven Licht darstellten. Überraschenderweise ergaben diese Studien, dass Zucker keine signifikante Rolle bei der Entstehung von Herzproblemen spielte. Stattdessen wurde Fett als Hauptverantwortlicher für Herz-Kreislauf-Erkrankungen dargestellt.

Diese Ergebnisse waren jedoch nicht zufällig: Die Sugar Research Foundation finanzierte gezielt Wissenschaftler, um Ergebnisse zu präsentieren, die Zucker in einem positiven Licht erscheinen ließen. Ziel war es, den Zucker von jeglicher Verantwortung für Herzkrankheiten zu befreien und ihn als unbedenkliches Nahrungsmittel darzustellen. Diese Strategie war erfolgreich – Zucker erhielt das Image eines harmlosen Genussmittels, während Fett als neuer Gesundheitsfeind in den Mittelpunkt rückte. Dieser Ansatz trug maßgeblich dazu bei, dass Zucker in den folgenden Jahrzehnten als unschuldig betrachtet wurde.

Selbst in der Werbung wurde Zucker oft als Bestandteil einer gesunden Ernährung dargestellt, der den Menschen Energie und Freude brachte. Gleichzeitig entwickelte sich in den 1960er Jahren auch der Begriff der „Low-Fat“-Produkte, bei denen Fett reduziert wurde, während Zucker weiterhin als Geschmacksträger erhalten blieb. Dieser Wandel hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die Ernährungsgewohnheiten vieler Menschen, die begannen, fettarme, aber oft stark zuckerhaltige Lebensmittel zu bevorzugen, im Glauben, diese seien gesünder.

Gezielte Einflussnahme auf die Wissenschaft: Verharmlosung mit System

Die Einflussnahme der Zuckerindustrie ging weit über die 1960er Jahre hinaus. Wissenschaftler wurden regelmäßig dafür bezahlt, Studienergebnisse zugunsten der Zuckerindustrie zu beeinflussen. Statt die Risiken des Zuckerkonsums offen darzustellen, wurde Zucker verharmlost, und seine gesundheitlichen Gefahren wurden verschleiert. Dieses gezielte Vorgehen führte dazu, dass Zucker über Jahrzehnte hinweg als harmlos angesehen wurde. Viele wissenschaftliche Erkenntnisse, die den Zusammenhang zwischen Zucker und Gesundheitsproblemen wie Übergewicht, Diabetes und Herzkrankheiten belegen, kamen erst viel später ans Licht. Die Zuckerindustrie nutzte finanzielle Mittel und wissenschaftliche Kooperationen, um ihre Interessen zu wahren und die öffentliche Meinung in ihrem Sinne zu beeinflussen.

Diese Einflussnahme umfasste nicht nur die Finanzierung von Studien, sondern auch das Platzieren von industriefreundlichen Experten in Gremien, die Ernährungsempfehlungen aussprachen. Die Wissenschaft wurde in diesem Kontext als Instrument benutzt, um die Wahrnehmung von Zucker gezielt zu steuern. Es war ein regelrechter Kampf um die Deutungshoheit in Ernährungsfragen, bei dem wirtschaftliche Interessen häufig wichtiger waren als die öffentliche Gesundheit. Erst in den letzten Jahren wurde der Umfang dieses Einflusses vollständig aufgedeckt, was zu einer zunehmenden Skepsis gegenüber der Lebensmittelindustrie und ihrer Rolle in der Wissenschaft geführt hat.

Lobbyarbeit in der Politik: Zuckersteuern und Regulierungen verhindern

Die Zuckerindustrie setzte auch auf intensive Lobbyarbeit, um ihre Interessen in der Politik zu vertreten. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die erfolgreiche Kampagne der Zuckerindustrie in den USA in den 1970er Jahren, bei der sie es schaffte, den Fokus der Ernährungsrichtlinien auf die Reduktion von Fett statt auf Zucker zu lenken. In vielen Ländern wurde durch gezielte politische Einflussnahme eine Einführung von Zuckersteuern oder anderen Regulierungen verhindert. Enge Beziehungen zu Politikern und Entscheidern halfen dabei, Gesetzesinitiativen gegen Zucker zu blockieren und regulierende Maßnahmen hinauszuzögern. Die Lobbyarbeit zielte darauf ab, Zucker als unschädlich darzustellen und gesetzliche Restriktionen zu vermeiden, die den Absatz von Zuckerprodukten einschränken könnten.

Auch heute noch sind Zuckersteuern in vielen Ländern umstritten und treffen auf Widerstand seitens der Industrie. Diese Lobbyarbeit beschränkte sich nicht nur auf nationale Regierungen, sondern auch auf internationale Gremien. Immer wieder wurden Vorschläge zur Regulierung des Zuckerkonsums abgelehnt oder abgeschwächt, weil Vertreter der Zuckerindustrie erfolgreich Einfluss nahmen. In Ländern, in denen Zuckersteuern eingeführt wurden, setzte die Zuckerindustrie auf massive Werbekampagnen, um das öffentliche Bild von Zucker zu verbessern und den Verbrauchern die vermeintlichen Vorteile von Zucker nahezubringen. Zudem wurde gezielt versucht, den Widerstand der Bevölkerung gegen solche Steuern zu schüren, indem Zuckersteuern als unfaire Belastung dargestellt wurden, die insbesondere ärmere Haushalte treffen würden.

Marketingstrategie: Der gezielte Blick auf Kinder und Schulen

Um den Zuckerkonsum langfristig zu sichern, konzentrierte sich die Zuckerindustrie in ihren Marketingstrategien besonders auf junge Zielgruppen. Studien zeigen, dass der Zuckerkonsum bei Kindern in den 1980er und 1990er Jahren aufgrund gezielter Werbung um bis zu 30 % anstieg, was zu einem erheblichen Anstieg der Fettleibigkeit bei Kindern beitrug. Werbung für zuckerhaltige Produkte wurde speziell auf Kinder ausgerichtet, oft begleitet von bunten Verpackungen und beliebten Cartoon-Figuren. Zucker wurde als energiereiche und notwendige Zutat dargestellt, die Kinder fit und glücklich macht. Zusätzlich wurden zuckerhaltige Produkte gezielt in Schulen und Kindergärten platziert – ein strategischer Schritt, um Zucker früh in die Ernährungsgewohnheiten der Jüngsten zu integrieren.

Die Folgen dieses gezielten Marketings sind bis heute spürbar: Der Zuckerkonsum ist weltweit hoch, und der Geschmack von Kindern und Jugendlichen wird durch die frühe und häufige Zuckerzufuhr geprägt. Das Marketing für Zuckerprodukte war so effektiv, dass viele Kinderprodukte, von Frühstückszerealien bis hin zu Fruchtgetränken, heute kaum noch ohne Zucker auskommen. Diese Produkte werden oft als gesund oder notwendig für die Entwicklung von Kindern dargestellt, obwohl sie oft mehr Zucker enthalten als empfohlene Tagesmengen. Der Einfluss der Zuckerindustrie erstreckt sich dabei auch auf die Schulbildung: In einigen Fällen wurden Lehrmaterialien entwickelt, die den Zuckerkonsum verharmlosen und die Vorteile von Zucker betonen sollten. Dies führte dazu, dass viele Generationen mit der Vorstellung aufwuchsen, dass Zucker ein wichtiger Bestandteil ihrer Ernährung sei.

Die historische Entwicklung: Von Luxusgut zum Massenprodukt

Zucker war ursprünglich ein hochgeschätztes Luxusgut, das im 16. und 17. Jahrhundert vor allem von der Elite konsumiert wurde. Mit der Industrialisierung und der Entwicklung von Zuckerrohr- und Zuckerrübenplantagen sank der Preis erheblich, sodass Zucker zum Massenprodukt wurde. Die enge Verknüpfung von Zucker mit dem transatlantischen Sklavenhandel verdeutlicht zudem die dunkle Seite seiner frühen Verbreitung.

Diese wirtschaftliche und soziale Geschichte hat die Verfügbarkeit und den Konsum von Zucker bis heute geprägt. Zucker wurde zu einem zentralen Bestandteil des internationalen Handels, und der Bedarf an Arbeitskräften für die Zuckerplantagen führte zu einem immensen Anstieg des transatlantischen Sklavenhandels. Der hohe Preis, den viele Menschen für den süßen Genuss zahlten, wurde lange Zeit ignoriert. Mit der Verbreitung der Zuckerrübenproduktion in Europa nahm der Zucker eine noch größere Rolle in der täglichen Ernährung ein, und er wurde zum festen Bestandteil der Ernährung breiter Bevölkerungsschichten. Der Preisverfall des Zuckers ermöglichte es der Industrie, immer mehr Produkte mit Zucker anzureichern und diese als erschwingliche Energielieferanten anzubieten. Diese Entwicklung trug wesentlich dazu bei, dass Zucker nicht nur zum Genussmittel, sondern auch zu einem Symbol des Wohlstands wurde.

Zucker und das Belohnungssystem des Gehirns

Zucker aktiviert das Dopamin-Belohnungssystem im Gehirn, was seinen süchtig machenden Charakter erklärt. Studien zeigen, dass regelmäßiger Zuckerkonsum zu einer Art „Toleranzentwicklung“ führen kann, wodurch immer größere Mengen benötigt werden, um die gleiche Befriedigung zu erreichen. Diese Wirkung wird oft mit der von Suchtstoffen wie Nikotin oder Alkohol verglichen und ist besonders problematisch bei Kindern, deren Gehirn sich noch in der Entwicklung befindet. Der Effekt von Zucker auf das Gehirn ist so stark, dass viele Menschen das Verlangen nach Zucker kaum kontrollieren können. Die Zuckerindustrie nutzte dieses Wissen gezielt aus, um Produkte zu entwickeln, die süchtig machen und den Verbrauchern das Gefühl geben, ohne Zucker nicht auszukommen. Besonders bei Kindern, deren Belohnungssysteme noch stark formbar sind, kann dies zu einer lebenslangen Abhängigkeit von zuckerhaltigen Lebensmitteln führen. Die langfristigen Folgen dieser Entwicklung sind nicht zu unterschätzen, da Zucker nicht nur das Gewicht beeinflusst, sondern auch das Risiko für zahlreiche chronische Erkrankungen erhöht.

Versteckter Zucker in Lebensmitteln

Ein Großteil des heutigen Zuckerkonsums stammt nicht aus bewusst gesüßten Speisen, sondern aus Lebensmitteln, in denen Zucker oft versteckt ist. Dazu gehören Fertiggerichte, Saucen, Dressings und sogar Produkte, die als gesund beworben werden, wie Müsli-Riegel oder Joghurts. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, nicht mehr als 10 % der täglichen Kalorien aus Zucker zu beziehen – idealerweise weniger als 5 %. Aktuelle Statistiken zeigen jedoch, dass der Zuckerkonsum in vielen Ländern diese Empfehlungen bei Weitem übersteigt. Die Praxis, Zucker in scheinbar gesunden Lebensmitteln zu verstecken, ist eine bewusste Strategie der Industrie, um den Konsum zu erhöhen.

Zucker hat nicht nur die Funktion, den Geschmack zu verbessern, sondern dient auch als Konservierungsmittel und Geschmacksträger, was ihn für die Lebensmittelherstellung besonders attraktiv macht. Verbraucher sind sich oft nicht bewusst, wie viel Zucker sie tatsächlich zu sich nehmen, da dieser unter verschiedenen Bezeichnungen auf den Verpackungen aufgeführt ist. Begriffe wie „Glukosesirup“, „Fruktose“ oder „Maltodextrin“ verschleiern oft, dass es sich um Zucker handelt, was es den Verbrauchern schwer macht, den Überblick über ihre Zufuhr zu behalten.

Die Rolle von High-Fructose Corn Syrup (HFCS)

In den 1970er Jahren wurde in den USA High-Fructose Corn Syrup (HFCS) als günstige Alternative zu herkömmlichem Zucker eingeführt. HFCS wird seitdem in unzähligen Lebensmitteln und Getränken eingesetzt. Wissenschaftler haben Bedenken geäußert, dass HFCS, insbesondere in großen Mengen, noch problematischer für den Stoffwechsel sein könnte als herkömmlicher Haushaltszucker, da es den Fettaufbau in der Leber fördern und Insulinresistenz begünstigen kann. Die Einführung von HFCS führte dazu, dass Zucker in noch größeren Mengen in der Lebensmittelindustrie eingesetzt werden konnte, da die Kosten erheblich gesenkt wurden. Besonders in Erfrischungsgetränken und Snacks fand HFCS breite Anwendung, was den Zuckerkonsum weiter in die Höhe trieb.

Die gesundheitlichen Folgen des vermehrten Einsatzes von HFCS sind bis heute ein Thema intensiver Forschung, da die Auswirkungen auf den Stoffwechsel deutlich schwerwiegender sein könnten, als ursprünglich angenommen. Insbesondere der Zusammenhang zwischen HFCS und der Entwicklung von Fettleber und Insulinresistenz wird immer wieder diskutiert, und einige Studien deuten darauf hin, dass HFCS das Risiko für Stoffwechselstörungen stärker erhöht als andere Zuckerarten.

Gesundheitliche Folgen des Zuckerkonsums

Langfristig hoher Zuckerkonsum steht in Zusammenhang mit zahlreichen Gesundheitsproblemen:

  • Fettleibigkeit: Zuckerhaltige Getränke und Snacks tragen wesentlich zur globalen Adipositas-Epidemie bei.

  • Typ-2-Diabetes: Chronischer Zuckerkonsum kann zu Insulinresistenz führen, einem Hauptfaktor für die Entstehung von Typ-2-Diabetes.

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Neuere Forschungen weisen darauf hin, dass Zucker nicht nur durch indirekte Effekte wie Übergewicht, sondern auch direkt durch Entzündungsprozesse das Risiko für Herzerkrankungen erhöht.

  • Karies: Zucker ist der Haupttreiber für Kariesbildung, da er den Bakterien im Mund Nahrung liefert und die Zahngesundheit gefährdet.

Darüber hinaus zeigen neuere Studien, dass Zucker auch das Risiko für einige Krebsarten erhöhen könnte, indem er Entzündungen fördert und das Zellwachstum beeinflusst. Beispielsweise haben Studien von Yang et al. (2014) und Johnson et al. (2016) gezeigt, dass hohe Zuckerkonsumraten mit einem erhöhten Risiko für bestimmte Krebsarten in Verbindung stehen, da Zucker Entzündungsprozesse und unkontrolliertes Zellwachstum fördern kann. Die Auswirkungen des Zuckers auf die mentale Gesundheit sind ebenfalls ein Thema wachsender Forschung, da Zucker mit Stimmungsstörungen wie Depressionen in Verbindung gebracht wird. Der hohe Konsum von Zucker kann zu Schwankungen im Blutzuckerspiegel führen, die sich negativ auf das emotionale Wohlbefinden auswirken. Es wird immer klarer, dass Zucker nicht nur kurzfristige gesundheitliche Auswirkungen hat, sondern langfristig das Risiko für eine Vielzahl chronischer Erkrankungen erhöht.

Globale Unterschiede im Umgang mit Zucker

Während Länder wie Mexiko und Großbritannien Zuckersteuern eingeführt haben, um den Konsum zu reduzieren, setzen andere Staaten noch auf freiwillige Vereinbarungen mit der Industrie. Erste Ergebnisse zeigen, dass Zuckersteuern den Konsum von zuckerhaltigen Getränken tatsächlich senken können. In Deutschland beispielsweise sind gesetzliche Regulierungen bisher weitgehend ausgeblieben, trotz steigender Kritik von Verbraucherschützern und Gesundheitsexperten. Die Wirksamkeit von Zuckersteuern wird jedoch noch immer kontrovers diskutiert, da Kritiker behaupten, dass solche Steuern nur einen begrenzten Effekt auf das Konsumverhalten haben.

Gleichzeitig gibt es Länder, die nicht nur Zuckersteuern eingeführt haben, sondern auch strengere Regulierungen für Werbung und Verkaufspraktiken durchgesetzt haben. In skandinavischen Ländern zum Beispiel gibt es Programme, die die Ernährungsbildung fördern und den Konsum von Zucker durch Aufklärungskampagnen reduzieren sollen. Diese Programme zeigen, dass ein bewusster Umgang mit Zucker auch durch Bildung und Information erreicht werden kann, was langfristig zu einer gesundheitsbewussteren Gesellschaft führen könnte.

Zuckeralternativen: Mythen und Realität

Die Zuckerindustrie hat in den letzten Jahren intensiv damit geworben, Alternativen wie Stevia, Erythrit oder Kokosblütenzucker als „gesündere“ Optionen zu präsentieren. Doch viele dieser Alternativen sind nicht unproblematisch:

  • Stevia: Ein natürlicher Süßstoff, der kaum Kalorien enthält, jedoch häufig in stark verarbeiteter Form angeboten wird.

  • Erythrit: Ein Zuckeralkohol, der keine Kalorien liefert, jedoch bei übermäßigem Verzehr Verdauungsprobleme verursachen kann.

  • Kokosblütenzucker: Trotz seines niedrigeren glykämischen Index bleibt er eine Form von Zucker und trägt ebenfalls zu Kalorien bei.

Viele Verbraucher glauben, dass diese Alternativen gesünder sind, da sie oft als „natürlich“ oder „kalorienarm“ beworben werden. Die Realität ist jedoch komplexer: Auch diese Zuckeralternativen können bei übermäßigem Konsum gesundheitliche Probleme verursachen. Stevia zum Beispiel wird oft in Kombination mit anderen Süßstoffen verwendet, um den Geschmack zu verbessern, was bedeutet, dass die gesundheitlichen Vorteile von Stevia allein möglicherweise überschätzt werden. Kokosblütenzucker hat zwar einen niedrigeren glykämischen Index als herkömmlicher Zucker, bleibt aber dennoch ein Zucker, der ähnliche gesundheitliche Auswirkungen haben kann. Der Einsatz von Zuckeralternativen in der Lebensmittelindustrie dient oft eher dazu, das Image von Produkten zu verbessern, als echte gesundheitliche Vorteile zu bieten.

Aktuelle Entwicklungen: Kritik und Strategien der Industrie

In den letzten Jahren ist die Kritik am hohen Zuckerkonsum gewachsen. Wissenschaftler und Gesundheitsexperten warnen zunehmend vor den gesundheitlichen Risiken des Zuckers und fordern gesetzliche Maßnahmen zur Reduzierung des Konsums. Die Zuckerindustrie reagiert auf diese öffentliche und wissenschaftliche Kritik, indem sie freiwillige Maßnahmen vorschlägt, um gesetzliche Regulierungen zu umgehen. Dazu gehört die Einführung vermeintlich gesünderer Produktvarianten mit reduziertem Zuckeranteil oder die verstärkte Vermarktung von „natürlichen“ Zuckeralternativen. Mit diesen Schritten versucht die Industrie, das Image des Zuckers zu verbessern und weiterhin eine zentrale Rolle in der Ernährung der Menschen zu spielen – trotz der zunehmenden Aufklärung über seine Risiken.

Ein weiterer Ansatz der Industrie besteht darin, die Verantwortung auf die Verbraucher abzuwälzen, indem diese dazu aufgefordert werden, bewusste Entscheidungen zu treffen und ihren Zuckerkonsum zu kontrollieren. Gleichzeitig investiert die Industrie in die Entwicklung neuer Technologien, um den Zuckergehalt in Produkten zu senken, ohne den Geschmack zu beeinträchtigen. Diese Maßnahmen dienen jedoch oft eher der Imagepflege als einer echten Veränderung der Ernährungsgewohnheiten.

Zukünftige Herausforderungen und mögliche Maßnahmen

  • Aufklärung: Bildungskampagnen könnten helfen, Verbraucher über die Risiken von Zucker zu informieren und die Nachfrage nach gesünderen Alternativen zu fördern.

  • Kennzeichnungspflicht: Transparente Angaben auf Verpackungen könnten den Konsumenten eine bewusste Kaufentscheidung erleichtern.

  • Regulierungen: Zuckersteuern und Werbeverbote für Kinderprodukte könnten den Konsum langfristig senken.

  • Innovation in der Lebensmittelindustrie: Die Entwicklung neuer, gesünderer Produkte könnte den Wandel hin zu einer nachhaltigeren Ernährung fördern.

Ein wichtiger Aspekt zukünftiger Maßnahmen könnte auch die Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft sein, die den Anbau von Zuckeralternativen unterstützt. Darüber hinaus könnten Anreize für die Lebensmittelindustrie geschaffen werden, weniger Zucker zu verwenden und gleichzeitig die Qualität der Produkte zu verbessern. Bildungskampagnen, die vor allem junge Menschen ansprechen, könnten dazu beitragen, das Bewusstsein für die Risiken von Zucker zu schärfen und gesündere Ernährungsgewohnheiten zu fördern. Die Zusammenarbeit von Politik, Wissenschaft und Industrie wäre notwendig, um einen umfassenden Wandel zu bewirken, der die Gesundheit der Bevölkerung nachhaltig verbessert.

Fazit: Zucker als Gesundheitsrisiko und Industrieprodukt

Die Geschichte des Zuckers ist ein Lehrstück darüber, wie finanzielle Interessen die öffentliche Meinung und wissenschaftliche Erkenntnisse beeinflussen können. Von den ersten gezielten Studien in den 1960er Jahren über die Verharmlosung durch die Wissenschaft und Lobbyarbeit bis hin zur gezielten Werbung und aktuellen Reaktionen auf Kritik hat die Zuckerindustrie immer wieder Wege gefunden, um ihren Absatz zu steigern und ihren Einfluss zu sichern. Die gesundheitlichen Risiken des Zuckers – von Übergewicht und Diabetes bis hin zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen – sind inzwischen bekannt und gut belegt. Dennoch bleibt der Zuckerkonsum weltweit hoch.

Die aktuelle Diskussion zeigt, wie wichtig eine kritische Betrachtung unserer Lebensmittelindustrie ist. Für eine gesündere Zukunft und einen bewussteren Umgang mit Zucker ist es entscheidend, dass Verbraucher über die Risiken und Hintergründe informiert sind und dass Maßnahmen zur Begrenzung des Zuckerkonsums ernsthaft in Betracht gezogen werden. Langfristig wird es notwendig sein, nicht nur den Konsum zu regulieren, sondern auch das Bewusstsein der Menschen zu schärfen und die Lebensmittelindustrie zu stärkerer Verantwortung zu bewegen. Nur so kann eine nachhaltige Veränderung in der Ernährungskultur erreicht werden, die die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bevölkerung fördert.

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