Wann Nahrungsergänzung Sinn macht

Wann Nahrungsergänzung Sinn macht

Warum viel hilft viel bei Supplements oft der falsche Ansatz ist

Vielleicht hast du es selbst schon erlebt: Du fühlst dich oft antriebslos, kommst nicht richtig in die Gänge oder bist dauerhaft erschöpft – und auch guter Schlaf will sich einfach nicht mehr einstellen. Und irgendwo hast du gelesen, dass das an einem Vitamin- oder Mineralstoffmangel liegen könnte.  Oder du bekommst von Bekannten Tipps wie: „Nimm doch mal Magnesium!“ oder „Bei mir hilft Vitamin B12 richtig gut.“ Schnell landet man dann vor einem Regal mit Dutzenden Präparaten – doch die eigentliche Frage bleibt: Brauche ich das wirklich? Und wenn ja: Wie finde ich das heraus? In dieser Serie wollen wir dir helfen, genau diese Fragen zu beantworten. Im ersten Teil geht es darum, wann Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sind, wie der Körper Nährstoffe eigentlich aufnimmt – und welche Rolle deine Ernährung spielt. Denn nicht jedes Unwohlsein bedeutet automatisch einen Nährstoffmangel. Und nicht jede Tablette hilft tatsächlich.

Wie und wo der Körper Nährstoffe aufnimmt

Die Aufnahme von Nährstoffen beginnt bereits im Mund, wenn wir Nahrung zerkauen und Enzyme im Speichel erste Aufspaltungsprozesse einleiten. Daher ist gründliches Kauen der Grundstein für eine gute Nahrungsverwertung. Im Magen werden viele Stoffe durch Magensäure aufgeschlossen, bevor sie im Dünndarm vom Körper aufgenommen – also „resorbiert“ – werden. Dafür braucht der Körper funktionierende Transportmechanismen, bestimmte Enzyme und eine gesunde Darmschleimhaut. Auch die Zusammensetzung der Darmflora spielt eine Rolle, ebenso wie der pH-Wert, bestimmte Botenstoffe und die Verfügbarkeit von „Begleitstoffen“ wie Fetten oder Proteinen. Ein paar Beispiele: Magnesium wird besser aufgenommen, wenn es in organischer Form vorliegt (z. B. Magnesiumcitrat) und in Verbindung mit einer Mahlzeit eingenommen wird. Vitamin D wiederum braucht Fett, um überhaupt aufgenommen werden zu können. Vitamin B12 wiederum wird über ein spezielles Transportsystem im Dünndarm aufgenommen – dieses System kann durch Alter, Medikamente oder chronische Erkrankungen beeinträchtigt sein. Ob also ein Nährstoff aus der Nahrung oder aus einem Supplement wirklich ankommt, hängt daher von vielen Faktoren ab: vom Zustand des Magen-Darm-Trakts, vom Stoffwechsel, von der Qualität des Präparats – und auch davon, womit man ihn kombiniert.

Wann braucht der Körper Unterstützung von außen?

Der Körper ist grundsätzlich gut darin, sich mit dem zu versorgen, was er braucht,  vorausgesetzt, die Bedingungen stimmen. Doch es gibt Phasen und Lebenssituationen, in denen das Gleichgewicht ins Wanken gerät. Dann reicht die tägliche Ernährung womöglich nicht mehr aus, um den Bedarf an Vitaminen, Mineralstoffen oder Spurenelementen zu decken. Häufige Beispiele:

  • Eine einseitige oder unausgewogene Ernährung
  • Ein höheres Alter, bei dem die Aufnahme im Darm nachlässt
  • Bestimmte Medikamente wie Säureblocker, Entwässerungstabletten oder Antibiotika
  • Chronische Erkrankungen wie Diabetes oder entzündliche Darmerkrankungen
  • Dauerstress, Schlafmangel oder anhaltende Infekte

Gerade bei chronischen Beschwerden oder im höheren Alter ist es nicht immer die Menge der Nährstoffe, die fehlt, sondern die Fähigkeit des Körpers, sie richtig zu verwerten. Diese sogenannte Malabsorption ist oft tückisch, weil sie lange unbemerkt bleibt. Die Nahrung ist da – aber kommt nicht an. Das kann viele Ursachen haben: eine gestörte Magensäureproduktion, eine geschwächte Darmschleimhaut, eine unausgeglichene Darmflora oder die Einnahme bestimmter Medikamente. Manche Nährstoffe brauchen Begleitstoffe, um überhaupt aufgenommen werden zu können. Vitamin D zum Beispiel braucht Fett, um aktiv verwertet zu werden. Vitamin B12 wiederum wird über ein eigenes Transportsystem im Dünndarm aufgenommen – das bei vielen älteren Menschen oder bei bestimmten Medikamenten (wie Metformin oder Säureblockern) nicht mehr zuverlässig funktioniert. Deshalb gilt: Selbst wenn du vermeintlich alles richtig machst – dein Körper entscheidet letztlich, wie viel wirklich ankommt. Und das solltest du im Blick behalten, bevor du einfach drauflos supplementierst, denn: ein mehr an Nähstoffen löst bei Malabsorbtion nicht unbedingt das Problem.

Woran du einen Mangel erkennst

Ein Nährstoffmangel macht sich oft nicht direkt bemerkbar. Manchmal entstehen Beschwerden schleichend, über Wochen oder Monate. Mögliche Anzeichen sind:

  • Konzentrationsprobleme oder schnelle Erschöpfung
  • Kribbeln oder Taubheitsgefühle in Händen und Füßen
  • Schlafprobleme, Nervosität oder depressive Verstimmungen

Das Problem dabei ist, diese Symptome sind sehr allgemein und können viele verschiedene Ursachen haben. Besonders herausfordernd wird es, wenn sich die Anzeichen mit denen von Erkrankungen wie Polyneuropathie oder Restless Legs überschneiden – was eine eindeutige Zuordnung nahezu unmöglich macht. Deshalb ist es wichtig, einen Mangel ärztlich abklären zu lassen, bevor du Nahrungsergänzungsmittel einnimmst. Erste Anlaufstelle sind in der Regel die Hausärzt:innen. Dort kann neben einer Anamnese ein Blutbild gemacht werden. Je nach Beschwerden schaut man zum Beispiel zunächst auf folgende Werte:

  • Vitamin B12, B6 oder B1: Diese Vitamine der B-Gruppe sind essenziell für die Funktion von Nerven und Energiestoffwechsel. Ein Mangel kann Müdigkeit, Konzentrationsprobleme und Missempfindungen in Armen und Beinen auslösen.

  • Vitamin D: Es spielt eine Rolle im Immunsystem und bei der Regulierung von Entzündungen. Ein Mangel wird häufig mit Erschöpfung, Muskelschwäche und Stimmungstiefs in Verbindung gebracht.

  • Magnesium, Kalium oder Zink: Diese Mineralstoffe sind an der Reizweiterleitung von Nerven beteiligt und unterstützen Muskel- sowie Zellfunktionen. Ein Defizit kann zu Muskelkrämpfen, Nervosität oder Herzrhythmusstörungen führen.

  • Eisenstatus (inkl. Ferritin): Eisen ist notwendig für den Sauerstofftransport im Blut. Bei einem Mangel kann es zu Antriebslosigkeit, Kopfschmerzen und Konzentrationsproblemen kommen – häufig ohne, dass eine Blutarmut bereits sichtbar ist.

Wenn einer der Werte auffällig ist, wird es eine ärztliche Empfehlung geben, welche weiteren Schritte nötig sind. Besteht der Verdacht auf eine gestörte Aufnahme im Darm – z. B. durch Reizdarm, chronische Entzündungen oder Medikamente – kann auch eine Stuhlanalyse helfen. In komplexen Fällen überweist man dich gegebenenfalls an eine Fachpraxis: Gastroenterologie (für den Verdauungstrakt), Nephrologie (bei Nierenerkrankungen) oder Neurologie. Auch qualifizierte Ernährungsberater:innen können unterstützen bei Verdacht auf Fehlernährung.

Lässt sich alles über die Ernährung abdecken?

Nicht jeder Mangel muss mit Kapseln behandelt werden. Viele Nährstoffe können – bei gesunder Verdauung – auch über die Nahrung zugeführt werden. In Teil 4 dieser Serie nehmen wir das genauer unter die Lupe: wir zeigen, wie du wichtige Nährstoffe möglichst über die Ernährung aufnehmen kannst, "Nährstoffe essen statt schlucken" lautet dann das Motto. Doch einige allgemeine Beispiele möchten wir dir schon hier mitgeben:

  • Magnesium: Etwa 3 Esslöffel Haferflocken enthalten schon rund 40–45 mg Magnesium. Mit einer Handvoll Kürbiskernen dazu kommt man bereits auf 30 % der empfohlenen Tagesmenge.

  • Vitamin B1 (Thiamin): steckt reichlich in Sonnenblumenkernen, Vollkornprodukten, Fische und Hülsenfrüchten (Erbsen, Erdnüsse), ein Mangel ist hierzulande eher selten. 

  • Vitamin B12: kommt fast nur in tierischen Lebensmitteln vor – also Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte. Wer vegan lebt, sollte hier besonders aufpassen.

  • Vitamin D: wird kaum über Nahrung aufgenommen – hier ist Sonnenlicht der wichtigste Faktor. Ein Mangel sollte ärztlich abgeklärt und ggf. gezielt ergänzt werden.

Wenn kein nachgewiesener Mangel vorliegt, ist es meist sinnvoller, die eigene Ernährung zu verbessern, statt "blind" zu supplementieren. Denn auch Nahrungsergänzungsmittel können – bei falscher Anwendung – Schaden anrichten. Besonders bei fettlöslichen Vitaminen (wie A, D oder E), die sich im Körper anreichern, kann es zu Überdosierungen kommen. Das kann langfristig Leber, Nieren oder das Herz belasten. Auch bei Mineralstoffen wie Eisen oder Zink ist eine zu hohe Zufuhr problematisch – insbesondere wenn gleichzeitig Medikamente eingenommen werden, die die Aufnahme beeinflussen oder bereits bestehende Erkrankungen vorliegen. Manche Präparate enthalten zudem Zusatzstoffe, die unnötig oder im Einzelfall sogar reizend für den Darm sein können. Wichtig ist also: Wer ohne ärztliche Kontrolle dauerhaft supplementiert, läuft Gefahr, an seinem Körper vorbei zu dosieren. Das vermeintlich „Gute“ kann dann auch zur Belastung und manchmal sogar zur Gefahr werden.

Was Nahrungsergänzung nicht leisten kann

Ein häufiger Irrtum: Wer sich schlecht ernährt, könne das einfach mit ein paar Vitaminen ausgleichen. Das stimmt so nicht. Nahrungsergänzungsmittel sind genau das, was der Name sagt: eine Ergänzung. Kein Ersatz. Wer zu Präparaten greift, sollte außerdem auf Qualität achten – doch genau das ist oft gar nicht so einfach. Für Laien ist es im Dschungel der Produkte schwierig zu erkennen, was wirklich gut ist. Ein hoher Preis bedeutet nicht automatisch bessere Qualität. Manche günstigen Produkte schneiden bei unabhängigen Tests sogar besser ab als teure Marken. Eine Orientierung kann z. B. der Produktcheck von Stiftung Warentest oder Ökotest geben. Worauf du grundsätzlich achten kannst ist, dass gute Produkte möglichst wenige, dafür klar benannte Inhaltsstoffe enthalten und auch keine künstlichen Farbstoffe, Aromazusätze oder Füllstoffe. Auch eine Dosierung im Bereich der empfohlenen Tageszufuhr ist ein gutes Zeichen – nicht selten werben Hersteller mit 500 % oder mehr, was weder notwendig noch sinnvoll ist. Vertrauenswürdig sind Hersteller, die unabhängige Prüfungen oder Zertifikate vorweisen können. Orientierung bieten dabei z. B. Apotheken, Fachärzt:innen oder qualifizierte Ernährungsberater:innen. Auch Ärzt:innen des Vertrauens oder spezialisierte Labore können Empfehlungen geben – etwa, welche Präparate bei einem festgestellten Mangel geeignet sind. Denn auch hier gilt: Mehr ist nicht immer besser. Vor allem bei fettlöslichen Vitaminen wie A, D oder E kann es bei Überdosierung sogar zu Problemen kommen. Auch Wechselwirkungen mit Medikamenten sind möglich, z. B. mit Blutdruckmitteln oder Antidepressiva. Deshalb: Unbedingt vorher mit Ärzt:innen oder Apotheker:innen sprechen.

Fazit: Erst prüfen, dann handeln

Nahrungsergänzungsmittel können hilfreich sein – aber nur, wenn sie gezielt eingesetzt werden. Wer regelmäßig unter Müdigkeit, Konzentrationsproblemen oder Missempfindungen leidet, sollte einen ärztlichen Check machen lassen. Ein Blutbild ist oft ein guter Anfang. Noch besser ist es allerdings ein Gespräch mit Fachleuten zu suchen. Hausärzt:innen, Ernährungsexpert:innen oder Spezialist:innen können helfen, die Ursache deiner Beschwerden zu finden. Dann lässt sich auch entscheiden, ob du wirklich ein Präparat brauchst – oder ob eine Veränderung deiner Ernährung ausreicht.

Im nächsten Teil der Serie geht es um Menschen mit Restless Legs. Welche Nährstoffe ihnen helfen können, wie die aktuelle Studienlage aussieht und was du selbst tun kannst, erfährst du in Teil 2. Also bleib dran – für mehr Energie und ein gutes Nervengefühl.

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