Hör auf deinen Bauch

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Was dein Mikrobiom aus dem Gleichgewicht bringt und worauf du unbedingt achten solltest

Kennst du das Gefühl, dass dir gewisse Lebensmittel plötzlich nicht mehr bekommen, dein Bauch ständig rebelliert – oder du gefühlt immer anfälliger für Infekte bist? Oder dass du, obwohl du dich eigentlich nicht anders ernährst als früher, zunehmend müder, gereizter oder einfach "nicht richtig fit" bist? Oft steckt mehr dahinter als nur ein stressiger Alltag oder ein empfindlicher Magen. Der Ursprung liegt häufig in deinem Darm – genauer gesagt: in deinem Mikrobiom. Im ersten Teil unserer Serie haben wir diese faszinierende Welt der Darmflora erkundet und erklärt, warum das Mikrobiom so wichtig für unsere gesamte Gesundheit ist. Heute schauen wir genauer hin: Was bringt dieses empfindliche Ökosystem aus dem Gleichgewicht? Und was kannst du tun, um es wieder zu stabilisieren? Du erfährst, wie du erste Warnsignale erkennst, welche Ursachen häufig übersehen werden – und wie du deinen Darm mit einfachen Mitteln wieder in Balance bringst.

Stress, Zucker, Medikamente – der moderne Lebensstil als Mikrobiom-Killer

Unser heutiger Lebensstil bringt viele Faktoren mit sich, die sich negativ auf die Vielfalt und Balance der Darmbakterien auswirken können. Besonders drei davon gelten als Hauptverursacher für eine sogenannte Dysbiose, also eine ungünstige Veränderung der Darmflora:

Dauerstress: Chronischer Stress erhöht die Ausschüttung von Cortisol, verändert den pH-Wert im Darm und führt dazu, dass sich entzündungsfördernde Keime stärker vermehren. Studien zeigen, dass anhaltender psychischer Stress die Zusammensetzung der Darmflora innerhalb weniger Tage verändern kann (z. B. Karl et al., 2018, Brain, Behavior, and Immunity). Auch Schlafmangel und Bewegungsmangel wirken sich in ähnlicher Weise negativ auf die Darmbakterien aus und können bestehende Ungleichgewichte verschärfen.

Zucker- und fettreiche Ernährung: Eine Ernährung mit wenig Ballaststoffen und viel Zucker, Fett und hochverarbeiteten Lebensmitteln fördert die Ausbreitung bestimmter ungünstiger Keime, die Entzündungen begünstigen. In einer Metaanalyse von 2020 wurde deutlich, dass eine sogenannte „Western Diet“ mit einer reduzierten mikrobiellen Diversität und erhöhter Durchlässigkeit der Darmschleimhaut einhergeht (Hibberd et al., Gut Microbes, 2020).

Medikamente, insbesondere:

  • Antibiotika: Sie töten nicht nur schädliche, sondern auch viele nützliche Darmbakterien ab. Die mikrobielle Vielfalt kann nach einer siebentägigen Antibiotikatherapie um bis zu 30–40 % reduziert sein und sich erst nach mehreren Monaten erholen (Jernberg et al., 2007, Microbial Ecology in Health and Disease).

  • NSAR (wie Ibuprofen): Diese nicht-steroidalen Antirheumatika können die Schleimhaut im Magen-Darm-Trakt schädigen, indem sie die Produktion protektiver Prostaglandine hemmen. Dadurch erhöht sich die Durchlässigkeit der Darmbarriere (auch bekannt als „Leaky Gut“) und es kommt zu mikrobiellen Verschiebungen. Dies wurde unter anderem in einer Übersicht von Wallace et al. (2011, Gastroenterology) sowie einer Studie von Rogers und Aronoff (2016, Microbiome) bestätigt. 

  • Protonenpumpenhemmer (wie Pantoprazol): Senken die Magensäure und ermöglichen es Bakterien, in den Dünndarm zu gelangen, wo sie normalerweise nicht in großer Zahl vorkommen sollten. Eine Studie im British Journal of Clinical Pharmacology (2016) zeigte ein deutlich erhöhtes Risiko für Dysbiose bei längerer Einnahme.

  • Auch Kortikosteroide, Psychopharmaka und orale Kontrazeptiva zeigen in Studien eine Auswirkung auf die mikrobielle Vielfalt. So wurde beispielsweise bei Anwenderinnen hormoneller Verhütung in einer Studie von Brooks et al. (2017, mBio) eine signifikant veränderte Mikrobiom-Zusammensetzung festgestellt.

Weitere Risikofaktoren: Umwelt, Hormone, Infekte

Auch Künstliche Süßstoffe wie Aspartam oder Sucralose stehen im Verdacht, den Stoffwechsel zu beeinflussen und das Mikrobiom zu verändern – laut einer vielbeachteten Studie von Suez et al. (2014) wurde bei Mäusen nach Sucralose-Gabe eine Glukoseintoleranz festgestellt, vermittelt durch veränderte Bakterienprofile. Darüber hinaus beeinflussen Hormonumstellungen etwa in Schwangerschaft, Wechseljahren oder bei Schilddrüsenerkrankungen nachweislich das mikrobielle Milieu (z. B. Nuriel-Ohayon et al., Trends in Endocrinology & Metabolism, 2016). Auch akute Infekte und Magen-Darm-Erkrankungen können das Gleichgewicht stören. Besonders häufig betroffen sind Patient:innen mit Reizdarm, Zöliakie oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED).

Erste Anzeichen: So macht sich eine Dysbiose bemerkbar

Die Symptome eines aus dem Gleichgewicht geratenen Mikrobioms sind oft diffus – aber viele Betroffene berichten von folgenden Beschwerden:

  • Blähungen, Völlegefühl, Bauchschmerzen

  • Wechsel zwischen Verstopfung und Durchfall

  • Müdigkeit, Antriebslosigkeit

  • Schlafstörungen, Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen

  • Hautprobleme (z. B. Neurodermitis, Akne)

  • Häufige Infekte, Pilzinfektionen

  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Wichtig ist: Viele dieser Symptome können auch andere Ursachen haben. Eine ärztliche Abklärung ist daher bei anhaltenden oder starken Beschwerden immer sinnvoll. In einer Studie von Zou et al. (2018) berichten über 70% der Proband:innen mit nachgewiesener Dysbiose über mindestens 3 dieser Symptome - meist seit Monaten, teils sogar seit Jahren. 

Was tun, wenn der Darm aus dem Gleichgewicht ist?

Wenn du mehrere dieser Symptome bei dir beobachtest, kannst du erste Maßnahmen auch selbst umsetzen. Besonders wichtig ist es, deine Ernährung umzustellen: Eine ballaststoffreiche Kost mit rund 30 g Ballaststoffen pro Tag – idealerweise aus Gemüse, Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten – bildet die Basis. Gleichzeitig lohnt es sich, Zucker und stark verarbeitete Lebensmittel deutlich zu reduzieren. Auch der Rhythmus deiner Mahlzeiten spielt eine Rolle: Versuche, regelmäßig und mit ausreichend Pausen zwischen den Mahlzeiten zu essen, um deinem Darm Zeit zur Regeneration zu geben. Achte außerdem auf ausreichend Schlaf und versuche, Dauerstress zu vermeiden – nicht zuletzt durch regelmäßige Bewegung und kleine Ruheinseln im Alltag. Beobachte zudem genau, welche Lebensmittel dir guttun und bei welchen du Beschwerden entwickelst. Ein Ernährungstagebuch kann dabei helfen, Zusammenhänge zu erkennen.

Achtung: Eine stark gestörte Darmflora oder langanhaltende Beschwerden gehören in ärztliche oder therapeutische Hände – zum Beispiel durch eine fundierte Mikrobiomanalyse, die gezielte Maßnahmen ermöglicht.

Fazit: Kleine Helfer, große Wirkung

Unser Mikrobiom ist ein hochkomplexes und sensibles System – das aber auch eine enorme Fähigkeit zur Regeneration besitzt. Wenn du es fütterst, wie es das verdient, dankt es dir mit mehr Energie, besserem Schlaf, stabilerer Stimmung und einem ruhigeren Bauch. Je besser du verstehst, welche Faktoren deinem Darm schaden können, desto gezielter kannst du gegensteuern – oft schon mit kleinen, aber wirkungsvollen Schritten. Und das Schöne ist: Die Belohnung spürst du nicht nur im Bauch, sondern im ganzen Körper.

Im nächsten Teil unserer Serie erfährst du, wie du dein Mikrobiom durch gezielte Ernährung stärken kannst – mit konkreten Lebensmitteln, cleveren Kombinationen und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Darmgesundheit. Und wenn du deine eigene Geschichte oder Erfahrung mit einer Mikrobiomanalyse mit uns teilen möchtest: Schreib uns per Mail – wir freuen uns, ein paar Stimmen im letzten Teil der Serie anonym zu veröffentlichen!

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